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Medizinalhanf

Das Thema Hanf und Medizinalhanf ist nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein hochpolitisches. Die Gesetzeslage vieler Länder ändert sich gerade, um dem gesteigerten Bedürfnis vieler Patienten Rechnung zu tragen und die Nachfrage nach Cannabinoiden in der Medizin zu befriedigen. Länder wie Deutschland, Tschechien, Luxemburg, Israel, Portugal, Spanien, England und die Niederlande haben bereits eine Legalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken umgesetzt und erlauben einen privatwirtschaftlichen Anbau unter staatlicher Kontrolle.

Politik verweigert die Liberalisierung von Medizinalhanf

In Österreich ist Cannabis nach wie vor als Suchtmittel stigmatisiert. Es ist Patienten zwar möglich, synthetisch und halbsynthetisch hergestellte Medikamente auf Cannabisbasis wie Dronabinol und Sativex zu erhalten. Doch die Präparate sind für die meisten Schmerzpatienten unerschwinglich – eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen ist die seltene Ausnahme. Die österreichische Bundesregierung verhindert damit eine leistbare Versorgung mit Medizinalhanf und verweigert den europaweiten Trend der Re-Medizinalisierung.

Hoher medizinischer Nutzen

Dabei liegen die Gründe für die Re-Medizinalisierung auf der Hand: gute Wirkung bei marginalen Nebenwirkungen. Cannabis bietet eine Vielzahl gut belegter therapeutischer Anwendungsmöglichkeiten wie muskelrelaxierende, beruhigende, stimmungsaufhellende, appetitanregende, übelkeitshemmende, schmerzstillende, bronchienerweiternde und augeninnendrucksenkende Wirkungen. Der medizinische Nutzen von Cannabis überwiegt vor allem bei Patienten, bei denen andere Medikamente nicht ausreichend wirken.

„Patienten möchten etwas, das gut wirkt und keine Nebenwirkungen hat. Das ist heute unter medizinischer Anleitung problemlos möglich. Gerade natürliche Cannabissubstanzen lassen sich optimal einsetzen und sind leistbarer als chemische Substanzen. Tees und Tropfen aus natürlichen Cannabissubstanzen sind sehr gut verträglich und einfach in der Anwendung, gerade bei älteren Patienten.“
Allgemeinmediziner Dr. Kurt Blaas
Gründer der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin

Rechtslage

Österreich bildet mit Ungarn Schlusslicht in Europa

Expertinnen und Experten, Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten appellieren seit Jahren an die Gesundheitsminister, für eine Gesetzesänderung im Sinne der Patienten zu sorgen. Doch seit Jahren stoßen Experten und betroffene Patienten auf taube politische Ohren. Während Österreichs Nachbarländer – mit Ausnahme von Ungarn – längst auf eine liberale, zeitgemäße Gesetzeslage setzen, dominieren in der heimischen Politik Ideenlosigkeit und mangelndes Interesse für die Anliegen der Patienten. Gegen den internationalen Trend ist eine Heilbehandlung mit qualitätsgeprüften Cannabisblüten und pflanzlichen Extrakten in Österreich illegal. Zulässig ist nur die Behandlung mit synthetischem und halbsynthetischem Cannabis, meist in Form von Sativex und Dronabinol. Selbst schwerkranke Menschen erhalten diese Cannabis-Präparate nur mit einem Suchtmittelrezept. Die monatlichen Kosten liegen für chronische Patienten bei 600 bis 800 Euro.

Experten pochen auf Cannabisblüte in der Medizin

Experten wie der deutsche Arzt und Cannabisspezialist Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der International Association for Cannabinoid Medicines, fordern seit Jahren, die Cannabisblüte in der Medizin als Rohmaterial zuzulassen, um daraus standardisierte Extrakte mit normierten Werten zu produzieren. Die Forschung gibt Hinweise darauf, dass sich die Wirksamkeit der Cannabispflanze nicht auf Einzelsubstanzen oder synthetische Derivate beschränken lässt. Der Deutsche Bundestag gab bereits Anfang 2017 den Einsatz von Cannabis für medizinische Zwecke frei. Patientinnen und Patienten in Deutschland erhalten bereits von ihrem Arzt auf Kosten der Krankenkassen Cannabisblüten oder -extrakte. Und zwar dann, wenn eine “nicht ganz entfernt liegende Aussicht” auf eine positive Wirkung besteht. Die Krankenkassen müssen die Therapie innerhalb von drei Tagen genehmigen.

Toxikologe kritisiert fehlende Qualitätskontrolle

Der Verkauf der CBD-Blüte, also von kaum THC-haltigen Hanfpflanzen, ist in Österreich hingegen nicht verboten. Zwingend einzuhalten ist dabei aber der im Suchtmittelgesetz geregelte THC-Wert, der die Grenze von 0,3 Prozent nicht überschreiten darf. Äußerst mangelhaft sind allerdings die Qualitätskontrollen der verkauften CBD-Produkte. Flowery Field Laborleiter Prof. Dr. Rainer Schmid ortet hier ein Problem. Der Toxikologe kritisiert, dass weder der Gehalt an potenziell wirksamen Inhaltsstoffen noch jener von Pestiziden und Herbiziden für die Konsumenten ersichtlich ist. Die meisten Produkte wie Tinkturen oder Öle stammen aus groben Hanf-Extrakten, die auch THC enthalten. Obwohl die Konsumenten ein vermeintlich reines CBD-Produkt verwenden, kann im Anschluss daran in Speichel- oder Bluttests THC auftauchen. Hier fehlen verpflichtende, standardisierte Qualitätskontrollen zum Wohle des Konsumentenschutzes.

Wirkung der Cannabispflanze

Mittlerweile ist eine Vielzahl therapeutischer Anwendungsmöglichkeiten von Cannabis untersucht. Besonders gut belegt sind muskelrelaxierende, beruhigende, stimmungsaufhellende, appetitanregende, übelkeitshemmende, schmerzstillende, bronchienerweiternde und augeninnendrucksenkende Wirkungen. Eine Einnahme in Form von Tropfen, Tees oder Kapseln, aber auch durch Vaporisieren (Verdampfen) und Inhalieren wird empfohlen. Bisher wurden über 500 Inhaltsstoffe der Pflanze chemisch identifiziert, von denen das psychoaktive Tetrahydrocannabinol (THC) und das nichtpsychoaktive Cannabidiol (CBD) bisher am besten erforscht sind.

Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC)

Die Wirkungsweise von THC im menschlichen Körper ist bereits durch zahlreiche Studien belegt. THC aktiviert vor allem spezifische Bindungsstellen auf Körperzellen, den sogenannten Cannabinoidrezeptoren. Zwei dieser Rezeptoren sind bereits erforscht, der Cannabinoid-1-Rezeptor (CB1-Rezeptor), dessen Aktivierung durch THC die psychoaktiven Wirkungen und auch therapeutische Wirkungen verursacht, sowie der Cannabinoid-2-Rezeptor (CB2-Rezeptor).

Durch klinische Studien gezeigte Wirkung von halbsynthetisch hergestelltem und natürlichem THC:
  • bei Übelkeit und Erbrechen insbesondere bei Patienten unter Chemotherapie
  • gegen Kachexie und Appetitverlust bei HIV- und Krebspatienten
  • gegen Spastik und neuropathischer Schmerz bei Multipler Sklerose
  • gegen Spastische Blasenstörung bei Multipler Sklerose oder Querschnitt
  • beim Tourette-Syndrom
  • gegen Neuropathische Schmerzen bei HIV/Aids
  • bei Glaukom
  • gegen Schmerzen bei Rheumatoider Arthritis
Durch nichtrandomisierte Studien, deskriptive Studien oder Erfahrungsberichte gezeigte Wirkung bei vollsynthetisch hergestelltem THC:
  • bei Alzheimer
  • bei Parkinson
  • Wachstumshemmung bei Glioblastomen
  • bei Morbus Crohn und andere entzündliche Darmerkrankungen
  • bei chronischem Schmerz
  • bei neuropathischem Schmerz
  • bei Epilepsie

 

Cannabidiol (CBD)

Cannabidiol (CBD) ist ein nur schwach psychoaktiver Wirkstoff der Cannabispflanze, der als psychoaktiver „Gegenspieler“ zu THC wirken kann und selbst interessante therapeutische Wirkungen aufweist.

Therapeutische Wirkung von natürlichem CBD

Neben umfangreichen Erfahrungsberichten gibt es derzeit noch wenige klinische Studien. Die jetzigen Ergebnisse resultieren aus Zellversuchen, Tierexperimenten oder Einzelfallbeschreibungen.

  • CBD wirkt entkrampfend. Dieser Effekt wurde für das Cannabismedikament Sativex, das CBD und THC enthält, für die Indikation Spastiken bei Multipler Sklerose nachgewiesen und genutzt.
  • CBD könnte bei anderen Bewegungsstörungen helfen, wie sie als Symptom bei Parkinson auftreten.
  • Cannabidiol zeigt eine nervenschützende Wirkung, verbessert die Bewegungskoordination und entfaltet eine antiepileptische Wirkung, vor allem im Bereich der Kinderepilepsien.
  • Neben den eigentlichen Epilepsieerkrankungen kann CBD bei epileptischen Anfällen als Symptom anderer Krankheiten, wie etwa dem Angelman-Syndrom, helfen.
  • Die entzündungshemmende Wirkung von CBD kann unter anderem bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Arthritis, Asthma sowie weiteren Autoimmunkrankheiten unterstützend helfen.
  • Israelische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Knochenbrüche durch die Behandlung mit CBD signifikant schneller verheilen.
  • CBD hilft bei Übelkeit und besitzt neuroprotektive und antibakterielle Eigenschaften.
  • CBD wirkt im Allgemeinen als Radikalfänger und Antioxidans, Letzteres sogar in einem stärkeren Ausmaß als Vitamin C und E.
  • In Summe dürfte CBD über eine positiv regulative Wirkung auf das menschliche Immunsystem verfügen.